
Im Dahlemer Dreipfuhlpark entdeckt ein Ehepaar einen altgedienten Briefkasten, der aus einer anderen Zeit zu stammen scheint. Der Briefkasten mit der Aufschrift „Bezirksamt Zehlendorf von Berlin“ und der Hausnummer 45 steht an einem Ort, der, ironischerweise, keinerlei Wohnhaus in der Nähe vorweisen kann. Das Relikt aus dem Jahr 1997 wurde geschaffen, als die Personalunterkunft am Dreipfuhlpark errichtet wurde, um Anwohnern die Möglichkeit zu geben, kurze Nachrichten an die zuständige Revierleitung einzuwerfen. Doch heute ist er kaum mehr in Gebrauch.
Die letzte Sendung, die in diesem bemerkenswerten Briefkasten deponiert wurde, waren „Visitenkarten vom Schornsteinfeger“. Der Fachbereich Grünflächen leert diesen speziellen Briefkasten in unregelmäßigen Abständen, weshalb eine tägliche Nutzung eher unmöglich erscheint. Für die Bürger bleibt die direkte Kontaktaufnahme zum Straßen- und Grünflächenamt via E-Mail die empfohlene Methode. Alternativ können sie direkt an die Adresse des Stadtrats Urban Aykal schreiben. Besonders verwunderlich ist, dass für den in Vergessenheit geratenen Briefkasten keine neuen Schilder vorgesehen sind.
Die Geschichte des Briefkastens in Berlin
Briefkästen haben eine lange und faszinierende Geschichte, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. In dieser Zeit hinterließen Seefahrer Briefe in hohlen Steinen, um sie von vorbeifahrenden Schiffen transportieren zu lassen. Die ersten offiziellen Briefkästen in Europa entstanden im 17. Jahrhundert: 1633 in Liegnitz, gefolgt von Hamburg 1641 und Paris 1653. Auch Berlin bekam bereits 1766 seine ersten Briefkästen. Der Siegeszug dieser Einrichtung in Deutschland war anfangs jedoch beschränkt, da viele Briefe lieber persönlich dem Zusteller oder in Poststellen übergeben wurden.
Die Französische Revolution trug entscheidend zur Verbreitung der Briefkästen in Deutschland bei. Nach dem Abzug der französischen Truppen im Jahr 1815 blieben die neuen Gepflogenheiten, auch in den preußischen Gebieten, bestehen. 1823 erhielt die Aufstellung von Briefkästen in Preußen formale Anweisungen, und ab dem 1. Januar 1824 wurden weiße hölzerne Briefkästen mit Einwurfschlitz und Entnahmeklappe eingeführt. Im Jahr 1896 zählte Berlin bereits 1.655 Briefkästen, was etwa einem pro 1.000 Einwohner entsprach.
Der Wandel über die Jahrzehnte
Heutzutage gibt es in Berlin mehr als 2.000 Briefkästen, was die Ratio auf etwa einen pro 1.500 Einwohner anhebt. In den letzten Jahren wurde der Abbau zahlreicher Briefkästen von den Bürgern stark kritisiert. Während viele ländliche Gebiete weiterhin Hausbriefkästen haben, gibt es auch mobile Briefkästen, wie sie in Frankfurt am Main existieren. Die Vielfalt der Briefkästen, die von der Geschichte der Deutschen Post geprägt ist, hat sich stets an die Bedürfnisse der Gesellschaft angepasst. Ein Briefkasten am Haus ist keine Pflicht, doch der Mangel an einer solchen Vorrichtung kann zur Unzustellbarkeit von Briefen führen.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Briefkästen sind mittlerweile durch die EU-Norm EN 13724 definiert, die die Mindestgröße von Briefkästen regelt. Hauseigentümer sind verpflichtet für die sichere Zugänglichkeit ihres Briefkastens zu sorgen. Die Veränderungen in der Nutzung von Briefkästen reflektieren den Wandel der Kommunikationsweisen, der durch die Digitalisierung vorangetrieben wird, und beleuchten ein interessantes Kapitel der Postgeschichte in Deutschland.