
Der Ausbau der Radinfrastruktur in Berlin bleibt hinter den Erwartungen zurück, wie der Verein Changing Cities e. V. betont. Der Verein, welcher aus dem Volksentscheid Fahrrad hervorgegangen ist und das Berliner Mobilitätsgesetz initiierte, hat kürzlich bei einer Pressekonferenz die aktuellen Zahlen zur Radinfrastruktur präsentiert. Obwohl sich die Situation in einzelnen Bezirken wie Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte oder Tempelhof-Schöneberg positiv entwickelt, sind die Fortschritte insgesamt besorgniserregend.
Im Jahr 2023 betrug der Zuwachs an Radweg-Kilometern lediglich 5,9 Prozent von insgesamt 2.700 Kilometern. Für 2024 ist ein laues Plus von lediglich 0,8 Prozent, was etwa 20 Kilometern entspricht, vorgesehen. Zum Vergleich: 2023 wurden 22 Kilometer und 2022 sogar 29 Kilometer neu gebaut. Als Lichtblick sind die Bezirke mit zweistelligen Ausbauquoten hervorzuheben, während Spandau mit lediglich 2,6 Prozent weit hinter den Erwartungen bleibt.
Kritik an mangelndem Fortschritt
Die Kritik an der SPD im Verkehrsbereich wird laut taz immer lauter. SPD-Sprecher Tino Schopf wies die Vorwürfe als bedauerlich zurück und betonte, dass unter der Koalition von CDU und SPD mehr Mittel für den Radverkehr ausgegeben wurden. Dennoch blieben 2020 etwa die Hälfte der bereitgestellten 30,3 Millionen Euro für den Radverkehr ungenutzt. Aktuell sind für 2024 von 29,3 Millionen Euro nur 19 Millionen für den Radverkehr eingeplant.
Der Berliner Verkehrswende-Monitor 2024 dokumentiert, dass seit Inkrafttreten des Mobilitätsgesetzes im Jahr 2018 erst 121 Kilometer des Radverkehrsnetzes vollendet wurden. Zudem ist die Einhaltung qualitativer Standards für Radverkehrsanlagen entscheidend, um Sicherheit und Komfort zu gewährleisten. Der Radverkehrsplan beschreibt ein Ziel von insgesamt 2.371 Kilometern an Radwegen, wobei 865 Kilometer als Vorrangnetz definiert sind.
Handlungsbedarf im Ausbau und Monitoring
Die Prognosen zeigen, dass eine Beschleunigung des Ausbaus in den nächsten Jahren notwendig ist. Wenn das derzeitige Ausbautempo beibehalten wird, würde die Fertigstellung des Radnetzes 110 Jahre in Anspruch nehmen, wie weitere Einschätzungen der Senatsverwaltung für Mobilität verdeutlichen. Politische Entscheidungen, sowohl der CDU als auch der SPD, haben bereits dazu geführt, dass einige Radprojekte gestoppt wurden.
Der Radverkehrsplan sieht zudem die Installation gesicherter Fahrradabstellanlagen an wichtigen ÖPNV-Stationen vor. Dieses Netzwerk soll durch ein stadtweites Buchungs- und Abrechnungssystem ergänzt werden. Ziel ist, den Radverkehrsanteil bis 2030 von 18 Prozent (2018) auf mindestens 23 Prozent zu steigern, ohne den ÖPNV oder Fußverkehr zu benachteiligen.
Um eine wirkliche Wende im Berliner Verkehrssektor zu erreichen, sind politische Rahmenbedingungen entscheidend. Der Druck auf die Stadtregierung, eine funktionierende Radinfrastruktur zu schaffen, bleibt bestehen. Durch eine bessere personelle Ausstattung in den Bezirken könnte eine zügigere Umsetzung der Radverkehrsmaßnahmen erzielt werden.