
Am 22. Januar 2025 wurde ein neues Buch mit dem Titel „Kirchenatlas“ veröffentlicht, das die Beziehung der Bürger in Deutschland zur Kirche untersucht. In diesem Werk werden insbesondere regionale Unterschiede in den Mitgliederzahlen der Kirchen grafisch dargestellt. Die Evangelische Zeitung berichtet, dass die Karten besonders große farblose Landstriche in Ostdeutschland zeigen, wo die Kirchenmitgliedschaft stark zurückgegangen ist.
Der Hintergrund des „Kirchenatlas“ ist die 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU), die 2023 durchgeführt wurde. Diese umfassende Studie erfasst diverse religiöse Gruppen, einschließlich konfessionsloser Personen sowie katholischer, evangelischer Christen, Muslime, Buddhisten und Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften. Die Ergebnisse der KMU werden Anfang 2024 erwartet, während bereits ein Auswertungsband mit dem Titel „Wie hältst Du es mit der Kirche?“ erschienen ist. Dieser Auswertungsband wurde unter der Leitung von Edgar Wunder, einem promovierten Soziologen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), erstellt und enthält tiefgehende Analysen zu den Befunden der KMU.
Regionale Unterschiede und Herausforderungen
In Berlin etwa sind zwei von drei Bürgern konfessionslos, während in Brandenburg und der Lausitz acht von zehn Bürgern keiner Kirche angehören. Trotz der sinkenden Mitgliederzahlen bleibt die gesellschaftliche Reichweite und Einflussnahme der Kirchen in der Region stabil. Michael Raddatz, Superintendent des Kirchenkreises Tempelhof-Schöneberg, hebt hervor, dass es wichtig sei, Orte zu schaffen, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht werden. Zukünftige Schwerpunkte der kirchlichen Arbeit werden verstärkt in Bereichen wie digitaler Präsenz, Krankenhausseelsorge und Trauerbegleitung liegen.
Interessanterweise zeigt sich in kleineren Städten in Ostdeutschland eine Stabilisierung des Kirchenvertrauens. Soziale und kulturelle Impulse aus diesen Regionen scheinen das Vertrauen und Ansehen der Kirchen – sogar bei Nichtmitgliedern – zu fördern. Eine Beurteilung der Studie zeigt, dass ein Drittel der Ostdeutschen im vergangenen Jahr Kontakt zu kirchlichen Einrichtungen hatte. Darüber hinaus sind die Evangelischen im Osten im Allgemeinen religiöser und stärker in den kirchlichen Kontext eingebunden als ihre westdeutschen Mitbürger.
Der Ökumenische Kirchenatlas und das Bild der Religiosität
Neu vorgestellt wurde auch der interaktive „Ökumenische Kirchenatlas“, der von der evangelischen und katholischen Kirche gemeinsam initiiert wurde. Dieser Atlas bietet umfassende geografisch differenzierte Statistiken über Kirchenmitgliedschaft, Taufen, Trauungen und Bestattungen und ist unter www.oekumenischer-kirchenatlas.de abrufbar. Diese Initiative ergänzt die KMU und wird von Dr. Beate Gilles von der Deutschen Bischofskonferenz als innovative Übersicht über kirchliche Entwicklungen beschrieben.
Die sechste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung ist seit ihrer Einführung vor 50 Jahren ein bedeutendes Instrument in der Religionssoziologie. Sie zeigt, dass der Anteil der christlich-konfessionell gebundenen Deutschen Ende 2022 nur noch 52 Prozent betrug, während die Prognosen für 2024 ein Sinken unter die 50-Prozent-Marke vorhersagen. Über 56 Prozent der Befragten ordnen sich als säkular ein, und viele Kirchenmitglieder identifizieren sich nicht mehr mit ihrer Religiosität.
Die Erhebung zeigt auch eine tiefgreifende Vertrauenskrise in die katholische Kirche, während das Vertrauen in die evangelische Kirche nach wie vor stabiler ist. Nur 27 Prozent der Katholiken und 35 Prozent der Evangelischen schließen einen Kirchenaustritt aus. Die Dringlichkeit zur Reform in den Kirchen ist klar spürbar; 80 Prozent der Evangelischen und 96 Prozent der Katholiken fordern grundlegende Veränderungen. Die gesellschaftlichen Erwartungen an die Kirchen sind vielfältig und reichen über traditionelle religiöse Fragestellungen hinaus.
Während die Institution Kirche in Deutschland weiterhin mit großen Herausforderungen konfrontiert ist, bietet der „Kirchenatlas“ wertvolle Einblicke, die helfen, die Entwicklungen und Bedürfnisse der Bevölkerung besser zu verstehen. Durch das Zusammenspiel von Forschung und Praxis können neue Wege im Umgang mit den sich ändernden religiösen Landschaften gefunden werden.