
Am 7. Februar 2025 jährt sich der Mord an Hatun Sürücü zum 20. Mal. Vor zwei Jahrzehnten wurde die junge Frau in Tempelhof von ihrem eigenen Bruder erschossen, weil sie sich einer Zwangsehe entzogen hatte und ein selbstbestimmtes Leben führen wollte. Dieser Mord gilt als einer der bekanntesten Femizide in Deutschland und hat eine Spuren hinterlassen, die sich in einer veränderten Debatte über Geschlecht und Gewalt abzeichnen.
Laut Tagesspiegel wird heute mehr über Femizide gesprochen als vor 20 Jahren. Doch das Thema bleibt komplex. Besonders Frauen und Feministinnen tragen zur Sichtbarkeit des Themas bei, während viele migrantische und muslimische Frauen nach wie vor wenig zu diesem hochsensiblen Thema sagen. Die Debatte ist oft von Spannungen geprägt, insbesondere wenn es um Femizide in kurdischen, türkischen und arabischen Communitys geht.
Gewalt im Namen der Ehre
Der Mord an Hatun Sürücü hat eine bundesweite Debatte in Gang gesetzt, die sich mit patriarchalischen Strukturen, Zwangsheiratsprävention und dem Schutz gefährdeter Frauen beschäftigt. Gewalttaten geschahen oft im Namen der sogenannten „Familienehre“. Diese patriarchalen Traditionen zwingen Frauen und Mädchen nicht nur zu Zwangsverheiratung, sondern setzen sie auch psychischer und physischer Gewalt aus. Anna, eine Influencerin, stellte in einer kürzlich gehaltenen Diskussion die Notwendigkeit der Unterstützung für betroffene Frauen und Kinder heraus.
Bereits kurz nach ihrem Tod bemühten sich zahlreiche Aktivistinnen und Institutionen, das Bewusstsein für diese Form der Gewalt zu schärfen. Der Verein TERRE DES FEMMES publiziert jährlich eine Übersicht mutmaßlicher „Ehren“-Morde in Deutschland. Für 2024 sind drei mutmaßliche Opfer aus dem Ehrenmord-Kontext verzeichnet, nach vorläufigen Zahlen waren 2023 13 Frauen betroffen. Diese Flut an Fällen verdeutlicht die tiefverwurzelten patriarchalen Strukturen trotz der Fortschritte im gesellschaftlichen Bewusstsein.
Femizide als gesellschaftliche Realität
Femizid wird definiert als die Tötung einer Frau aufgrund ihres Geschlechts. Täglich versucht im Schnitt ein Mann, seine (Ex-) Partnerin in Deutschland zu töten. Die Wahrnehmung dieser Gewalt ist problematisch, da sie häufig als Einzelschicksale betrachtet wird. Dabei sind Tötungen durch (Ex-) Partner weltweit die häufigste unnatürliche Todesursache für Frauen. Statistiken zeigen, dass im Jahr 2023 in Deutschland 155 Frauen Opfer kategorialer Partnerschaftsgewalt mit tödlichem Ausgang wurden, während nur 24 männliche Opfer verzeichnet wurden, wie frauenrechte.de berichtet.
Das 2018 in Deutschland in Kraft getretene Istanbul-Abkommen versucht, dem durch eine Strafverschärfung entgegenzuwirken. Jedoch sind in der Praxis die Tötungen von Frauen, insbesondere wenn sie im Kontext einer Trennung stattfinden, oft milde bestraft. Gerichte erkennen die Motive für Femizide wie Misogynie und gekränkte Männlichkeit nicht immer an, während das Verhalten der Opfer vielfach kritisch betrachtet wird.
Die Debatte um Femizide ist auch eine chancengleichheitstheoretische Auseinandersetzung, die tief in die Gesellschaft hineinwirken muss. Matthias Deiß betont, dass der Mord an Hatun Sürücü nicht nur als Verlust einer Individuen betrachtet werden darf, sondern dass er alle angeht. In vielen feministischen Kreisen sind es oft weiße Frauen, die über das Thema sprechen, was die Aufgabe der Gemeinschaft erfordert, betroffene Frauen und deren Perspektiven lauter in den Diskurs zu integrieren.