
Am Mittwochabend hat die Polizei den von propalästinensischen Aktivisten besetzten Emil-Fischer-Hörsaal der Humboldt-Universität in Berlin geräumt. Laut Tagesspiegel setzten die Sicherheitskräfte Rammböcke ein, um in das Gebäude zu gelangen. Rund 60 Personen hatten sich in dem Saal verbarrikadiert, obwohl die Polizei anfänglich von etwa 100 Personen sprach. Der Einsatz der Polizei war gegen 20.30 Uhr fast beendet.
Die Polizei hat ein Ermittlungsverfahren wegen Hausfriedensbruchs eingeleitet, während weitere Ermittlungen wegen Sachbeschädigung und Landfriedensbruchs in Planung sind. Bei der Räumung leistete mindestens eine Person Widerstand und musste ins Krankenhaus transportiert werden. Rund 300 Polizeibeamte waren an dem Einsatz beteiligt, bei dem Parolen wie „Yallah Intifada“ und „Zionisten sind Faschisten“ an die Wände gesprüht wurden.
Kontext der Besetzung
Die Besetzung des Emil-Fischer-Hörsaals, die ursprünglich am 2. Mai 2023 stattfand, hatte ihre Wurzeln im Engagement für Klimagerechtigkeit und weitere soziale Forderungen. Über ein breites Klima-Bündnis, unterstützt von Initiativen wie EndFossil und GenugIstGenug!, verlangten die Aktivisten die Verbindlichkeit des Klimaschutzkonzepts der Universität und schlossen auch Themen wie die Überarbeitung der Zivilklausel sowie die Verlängerung der Bibliotheksöffnungszeiten ein. Die Besetzung war Teil der internationalen Kampagne #mayweoccupy und hätte die Aufmerksamkeit auf die prekären Lebensverhältnisse von Studierenden lenken sollen, wie auch von Rina Kern von EndFossil Berlin hervorgehoben wurde.
Darüber hinaus wurde auf die prekären finanziellen Bedingungen vieler Studierender hingewiesen, von denen nur 11 % BAföG erhalten. Diese Art der Protestform ist nicht neu; eine ähnliche Besetzung hatte im November 2022 an der TU Berlin stattgefunden. Der Hintergrund der aktuellen Räumung war die drohende Ausreise von vier Personen nach Protesten an der Freien Universität, denen vorgeworfen wird, Beschäftigte bei einer früheren Besetzung bedroht zu haben.
Klimagerechtigkeit und soziale Ungleichheiten
Die Situation an den Universitäten und die Protestbewegungen sind eng mit dem Konzept der Klimagerechtigkeit verknüpft. Der Klimawandel betrifft besonders benachteiligte Bevölkerungsgruppen und verstärkt bestehende soziale Ungleichheiten. In Europa verursachen die reichsten 10 % der Bevölkerung so viele Treibhausgas-Emissionen wie die ärmsten 50 %. Den ärmsten Ländern, die am wenigsten zur globalen Erwärmung beigetragen haben, wird oft nicht die nötige Unterstützung zuteil.
Das Verursacherprinzip, das fordert, dass Hauptverursacher der Emissionen für die Anpassungskosten in Entwicklungsländern aufkommen, ist ein zentraler Bestandteil der Diskussion um Klimagerechtigkeit. Gleichzeitig sind internationale Klimaverhandlungen oft von Streitigkeiten über die gerechte Verteilung von Emissionsminderungen geprägt, was eine gerechte Transformation erfordert. Diese Transformation sollte kritisch die Investitionen überprüfen und deren Nutzen für diverse Bevölkerungsgruppen sicherstellen, um die globale Erderwärmung auf höchstens 1,5 Grad zu begrenzen, wie von den Vereinten Nationen gefordert. Die Besetzung des Emil-Fischer-Hörsaals verdeutlicht, dass diese Themen auch im Hochschulbereich dringend diskutiert werden müssen, um auf die Bedürfnisse der Studierenden und der Gesellschaft einzugehen.