
Im Sozialamt Pankow stapeln sich die Briefe: Über 20.000 Dokumente liegen ungeöffnet, unter anderem mehr als 1.000 Neuanträge und Rechnungen, die dringend bearbeitet werden müssten. Diese alarmierenden Zahlen wurden Mitte Dezember im Finanzausschuss des Bezirksparlaments präsentiert, wie die Berliner Zeitung berichtet. Unter den unbearbeiteten Anträgen befinden sich 542 Anträge für Hilfen zur Pflege und 516 Anträge auf Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderungen. Die geschätzten berechtigten Forderungen aus beiden Bereichen belaufen sich auf über 4,4 Millionen Euro, unter der Annahme, dass 75 Prozent der Anträge bewilligt werden.
Die Dringlichkeit der Situation wird durch die Tatsache verstärkt, dass 12.731 Briefe zu Eingliederungshilfen und 8.613 Briefe zur Hilfe zur Pflege ungeöffnet sind. Während die Hilfen zur Pflege bereits offene Rechnungen in Höhe von 1,1 Millionen Euro aufweisen, erweist sich ein Fallbeispiel als symptomatisch für die Gesamtsituation: Walter Brose beantragte Unterstützung für seine 96-jährige Mutter, deren Pflegekosten nicht gedeckt werden konnten. Der Antrag könnte sich jedoch über Jahre hinziehen und tragischerweise verstarb die Mutter bereits, sodass die Forderungen inzwischen hinfällig sind.
Probleme im Sozialamt
Der Aktenstau im Sozialamt resultiert aus einem Personalnotstand, der seit 2022 anhält. Eine hohe Fluktuation bei den Mitarbeitern und die zusätzlichen Aufgaben durch die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge haben die Situation verschärft. Um diesem Chaos entgegenzuwirken, schlägt die CDU-Fraktion vor, die Digitalisierung voranzutreiben. Der Fraktionsvorsitzende Sascha Groß betont, dass dies eine Notwendigkeit sei, um drohende Insolvenzen bei Antragstellern abzuwenden.
Ein konkreter Vorschlag sieht vor, externe Dienstleister mit der Digitalisierung der Akten zu beauftragen und Scansoftware zur Auswertung zu nutzen. Dies könnte eine effizientere Bearbeitung der Anträge und Rechnungen ermöglichen. Die Webseite von Berlin Pankow informiert darüber, dass persönliche Vorsprachen im Sozialamt nur eingeschränkt möglich sind. Anträge und Dokumente sollen zudem per Telefon, Post, E-Mail oder Fax übermittelt werden.
Herausforderungen der Digitalisierung
Die Diskussion über die Digitalisierung im Sozialbereich wird durch eine umfassende Studie zur digitalen Transformation der sozialen Dienstleistungsarbeit untermauert, in der die Notwendigkeit für kunden- und mitarbeiterorientierte digitale Leistungsarrangements aufgezeigt wird. Diese Studie, veröffentlicht im Jahr 2017 von der FGW in Düsseldorf, beleuchtet den Druck auf die Sozialdienste, neue Qualifikationen zu etablieren, um in der Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Ergebnisse unterstreichen die Relevanz eines partizipativen Zusammenwirkens zwischen Beschäftigten, Klienten und Arbeitgebern.
Während jedoch die Vorschläge zur Digitalisierung auf Zustimmung bei der FDP-Fraktion treffen, gibt es Bedenken hinsichtlich der Datenschutzrechte, und der Antrag wurde nicht in einen Ausschuss zur Prüfung überwiesen. Die anhaltende Untätigkeit des Bezirksamts in Bezug auf Anfragen zur Situation lässt die Betroffenen frustriert zurück. Wer auf Unterstützung angewiesen ist, sieht sich mit einem System konfrontiert, das gegenwärtig mehr Fragen aufwirft als Lösungen bietet.