
In Berlin ist die gastronomische Landschaft in Bewegung. Insbesondere das Restaurant „Gut Hesterberg“ im Rathaus-Center Pankow hat am 26. Februar nach über 20 Jahren schließen müssen. Das Restaurant war für seine traditionelle deutsche Küche bekannt, zu der Gerichte wie Gulasch, Fleischwurst sowie Braten mit Kohl und Kartoffeln gehörten. Firmenchefin Karoline Hesterberg äußerte sich zum wirtschaftlichen Druck, der hinter dieser schmerzhaften Entscheidung steht. Ihr zufolge ist die Schließung ein Teil des „Sterbens der Handwerksbetriebe“, das viele traditionelle Betriebe in Deutschland betrifft. Die Entscheidung zur Schließung fiel den Betreibern nicht leicht, da das Lokal bei den Gästen äußerst beliebt war.
Der wirtschaftliche Druck auf das Fleischerhandwerk ist enorm. Viele Metzgereien, ähnlich wie „Gut Hesterberg“, sehen sich existenziellen Herausforderungen gegenüber. Das trifft nicht nur die großen, sondern auch viele kleine Handwerksbetriebe. Die Schließung von „Gut Hesterberg“ bedeutet, dass sich das Unternehmen künftig auf den Verkauf von Fleischprodukten konzentrieren möchte. Dabei plant es, die Landwirtschaft und Produktion in Neuruppin zu stärken, ein Schritt, der möglicherweise anderen Betrieben als Beispiel dienen könnte.
Herausforderungen für die Fleischereien
Die Situation in der deutschen Fleischerbranche ist angespannt. Viele Fleischereien stehen vor dem Aus, besonders in einem wirtschaftlichen Umfeld, das von hoher Inflation und gestiegenen Energiepreisen geprägt ist. Laut dem Jahrbuch 2024 des Deutschen Fleischer-Verbands existieren aktuell über 10.000 Meisterbetriebe, was eine fast halbierte Anzahl im Vergleich zu 2002 darstellt. Während in Bayern noch 30 Fleischereien auf 100.000 Einwohner kommen, sind es in Mecklenburg-Vorpommern nur 15. Diese regionalen Unterschiede sind problematisch und zeigen, wie unterschiedlich die Situation für Fleischer in Deutschland ist, da sich Veränderung im Essverhalten der Verbraucher sowie der Aufstieg vegetarischer und veganer Alternativen immer deutlicher bemerkbar machen.
Ein weiteres Problem ist der Rückgang der Ausbildungsplätze im Fleischerhandwerk. Im Jahr 2023 absolvierten nur rund 2.300 junge Menschen eine Ausbildung zum Fleischer, was einen Rückgang von fast fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Zur Jahrtausendwende waren es noch über 9.500 Azubis in diesem Berufsfeld. Dieser Trend hat weitreichende Folgen, denn Fachkräftemangel betrifft nicht nur das Fleischerhandwerk, sondern das gesamte Handwerk, mit 250.000 fehlenden Fachkräften in Deutschland.
Der Blick in die Zukunft
Obwohl die Umsatzzuwächse in der Branche, die 2022 gemeldet wurden, hauptsächlich auf Preiserhöhungen beruhten, bleiben die Herausforderungen bestehen. Unternehmen berichteten, dass die Warenmenge gesunken sei und die Erträge in vielen Betrieben zurückgingen. Der Deutsche Fleischer-Verband hat in einer Befragung unter 234 Innungsmitgliedern auch festgehalten, dass die Stimmung im Fleischerhandwerk zu Beginn des Jahres 2023 schlechter war als vor zwei Jahren, was unter anderem an den Folgen des Ukraine-Kriegs und der steigenden Rohstoffpreise liegt.
Ein Drittel der Betriebe erwartet eine Verschlechterung der Rohstofflage, während die Sorgen um das Aussterben der Fleischereien nicht gänzlich unbegründet sind. Dennoch gibt es auch durch kreative Ansätze Hoffnung. Einige Betriebe experimentieren mit Fleisch-Automaten und Lieferdiensten, um den wirtschaftlichen Druck abzufedern. Darüber hinaus könnte der direkte Kontakt zu Kunden sowie eine transparente Kommunikation über Herkunft und Verarbeitung des Fleisches ein Schlüssel zur Stabilisierung der Branche sein. Die Verbraucher legen zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit und artgerechte Tierhaltung, was den Betrieben neue Wege eröffnet.
Die Herausforderungen sind groß, doch es bleibt abzuwarten, wie die Branche sich anpassen wird. Gleichzeitig zeigt die Fluktuation in der Gastronomie, dass der Wandel in der Ausrichtung und den Angeboten auch Alternativen hervorbringen kann. „Gut Hesterberg“ plant, auf die veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren. Die Stärkung der eigenen Produktion könnte anderen Betrieben als Vorbild dienen. Doch bleibt die Frage, wie viele weitere Traditionsbetriebe einem ähnlichen Schicksal wie „Gut Hesterberg“ erliegen werden.