
An der Mauerstraße in Berlin-Mitte steht seit 2012 die Licht- und Stahlkonstruktion „Memorias Urbanas“, die an die einstige Bethlehemskirche erinnert. Diese Kirche, erbaut im 18. Jahrhundert von böhmischen Religionsflüchtlingen, wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und schließlich 1963 in der DDR abgerissen, da sie zu nah an der Mauer lag. Nun, nach über einem Jahrzehnt der Präsenz, soll diese Installation auf Anordnung des Bezirksamts Mitte entfernt werden, obwohl sie ein bedeutendes Mahnmal für Toleranz und Offenheit darstellt. Laut taz befindet sich der Fall bereits vor Gericht, und die Installation bleibt bis zur endgültigen Entscheidung bestehen.
„Memorias Urbanas“ wurde vom spanischen Konzeptkünstler Juan Garaizabal geschaffen und von einer kirchennahen Stiftung finanziert; Gelder aus dem Land Berlin stehen nicht zur Verfügung. Auch das Kunstwerk „Großer Lastenbär“ auf dem Zionskirchplatz, das während einer Ausstellung in der Zionskirche aufgestellt wurde und schnell zum Publikumsliebling avancierte, ist von Abrissverfügungen betroffen. Die Galeristin Constanze Kleiner, die die Skulptur initiiert hat, hatte ursprünglich eine Genehmigung für zwei Jahre erhalten, die um ein weiteres Jahr verlängert wurde. Ein Antrag auf eine dauerhafte Standgenehmigung wurde jedoch abgelehnt, und ein Widerspruchsverfahren läuft nun.
Weitere Kunstwerke in Gefahr
Am Magnus-Hirschfeld-Ufer erinnern seit 2011 zwei Stelen und seit 2017 ein Denkmal an die homosexuelle Verfolgungs- und Emanzipationsgeschichte. Diese Stelen wurden auf Initiative des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) errichtet und finanziert und könnten ebenfalls von Abrissverfügungen betroffen sein. Der Bezirk hat klare Richtlinien: Private Kunstwerke dürfen nur temporär stehen, wenn sie nicht aus einem Wettbewerb hervorgegangen sind. Dies betrifft auch die „Trostfrauenstatue“ in Moabit, gegen deren Entfernung der Korea-Verband derzeit vor Gericht kämpft, da sie sich auf eine vermeintliche Ungleichbehandlung beruft.
Die Schwierigkeiten des Bezirks, seine Entscheidungen vor Gericht zu rechtfertigen, zeigen sich, wenn andere private Kunstwerke weiterhin im öffentlichen Raum verbleiben. Während Constanze Kleiner die Notwendigkeit betont, dass der Staat nicht allein über Erinnerungswerte entscheiden sollte, wird der akute Handlungsbedarf bezüglich der öffentlichen Kunst in Berlin deutlich. Die Genehmigungen für den „Großen Lastenbär“ und für „Memorias Urbanas“ wurden eingestellt, was die Diskussion über Kulturperspektiven und Erinnerungsarbeit erneut anfeuert.
Kunst im öffentlichen Raum: Ein wertvolles Erbe
Parallel zu diesen Ereignissen sind Hilferufe aus Marzahn und Hellersdorf zu vernehmen, wo der Stadtumbau zahlreiche Kunstwerke gefährdet. In den 1970er- und 1980er-Jahren waren Wandbilder, Mosaike und Skulpturen wichtige Bestandteile der Gestaltung der Großwohnsiedlungen Ostberlins. Heute ist mehr als ein Drittel der dokumentierten Kunstwerke nicht mehr existent. Eine Kommission aus Künstlern, Architekten und Bezirksamt-Mitarbeitern hat Handlungsempfehlungen zum Umgang mit diesen bedrohten Kunstwerken erarbeitet. Neuere Standorte wurden für einige Kunstwerke gefunden, während andere in ein öffentliches Kunstdepot, die „Zwischenablage“, integriert wurden, die sich in der Riesaer Straße 94 befindet und montags bis freitags besichtigt werden kann. Das Bezirksamt bietet zudem eine Dauerausstellung mit Schautafeln zu diesem Thema an.
Diese Entwicklungen verdeutlichen die Herausforderungen, die mit der Erhaltung und Pflege von Kunst im öffentlichen Raum verbunden sind. Der Dialog über Kunstwerke, ihre Bedeutung für die Gesellschaft und ihre Erhaltung ist dringend erforderlich. Die Veranstaltung „Spaziergang durch Berlin-Buch“ im Jahr 2020 hatte das Ziel, die Menschen für die Kunst im öffentlichen Raum zu sensibilisieren und ihre gesellschaftliche Relevanz zu thematisieren. Organisiert vom Fachbereich Kunst und Kultur Pankow bot diese Tour Einblicke in die künstlerischen Gestaltungsversuche und die Geschichte des Stadtteils.
Insgesamt zeigt sich, dass der Schutz und die Erhaltung von Kunstwerken im öffentlichen Raum nicht nur eine kulturelle, sondern auch eine gesellschaftliche Verantwortung darstellen. Die Vielfalt und der Reichtum dieser Kunstwerke spiegeln die Geschichte und die Identität Berlins wider, und ihr Verlust wäre ein massiver Einschnitt in das kulturelle Gedächtnis der Stadt.