
Yusef Sweid präsentiert mit seinem Solo „Between the River and the Sea“ am Gorki Theater in Berlin eine tiefgründige Reflexion über Identität und Konflikte im Nahen Osten. Der palästinensische Israeli aus Haifa, der in einem arabisch-christlichen wie auch jüdischen Umfeld aufgewachsen ist, thematisiert in seiner fast einstündigen Aufführung sowohl persönliche Erlebnisse als auch gesellschaftliche Themen. Sweids bewegende Darbietung fand am 5. April 2025 Premiere und bietet dem Publikum einen intimen Einblick in die komplexen Realitäten seiner Identität.
Mit Unterstützung der Regisseurin Isabella Sedlak hat Sweid ein minimalistisches Stand-Up-Format entwickelt, das sowohl Humor als auch Ernsthaftigkeit vereint. Die Aufführung behandelt verschiedene Aspekte seines Lebens, einschließlich seiner Schulzeit, seinem Militärdienst und interkulturellen Beziehungen. Eine emotionale Schlusssequenz verweist auf den 7. Oktober, ein Datum, das in der jüngsten Geschichte des Konflikts von erheblicher Bedeutung ist, auch wenn Sweid nicht direkt über den Krieg spricht.
Gemeinsame Erfahrungen und Rollenwechsel
In einem weiteren Kontext haben fünf israelische und vier palästinensische Schauspieler in den letzten sechs Monaten gemeinsam an einem Stück gearbeitet, das ebenfalls die Thematik der täglichen Erfahrungen im Nahostkonflikt aufgreift. Dieses Theaterstück präsentiert auf eindringliche Weise, wie verwischte Grenzen in einer Zeit physischer Trennung durch Mauern und Zäune erlebt werden können. Teilnehmende Schauspieler übernehmen Rollen, die von der gewaltsamen Realität geprägt sind, wie der Palästinenser, der einen israelischen Soldaten spielt, oder umgekehrt.
Die Regisseurin und Autorin Yael Ronen beschreibt den kreativen Prozess als eine Art Gruppentherapie. Allerdings erhielt das Stück gemischte Reaktionen. Kritiker beider Seiten werfen der Produktion vor, entweder zu einseitig pro-palästinensisch oder pro-israelisch zu sein. So wird etwa eine Szene über den Tod eines palästinensischen Jugendlicher und die Reaktion seiner Mutter intensiv diskutiert, während auch die Widergabe des Traumas jüdischer Väter thematisiert wird.
Forschung und Lehre im Kontext des Krieges
Der Nahostkonflikt bleibt nicht nur ein Thema auf der Bühne, sondern reflektiert sich auch in der akademischen Auseinandersetzung. Am 10. Dezember 2024 fand am Asien-Afrika-Institut der Universität Hamburg eine Vortragsreihe zu 100 Jahren Nahostkonflikt statt. Dr. Sarah El-Bulbeisi vom Orient-Institut Beirut beleuchtete die Tabuisierung palästinensischer Gewalterfahrungen und deren Implikationen für Palästinenser:innen in Deutschland und der Schweiz. Diese Vorträge zielen darauf ab, das Verständnis für die komplexen Realitäten der Region zu vertiefen und den Einfluss des Krieges in Gaza auf akademische Diskurse zu thematisieren.
Mit der Eröffnung von Sweids Solo und den gemeinsamen Projekten israelischer und palästinensischer Künstler wird deutlich, dass die Auseinandersetzung mit dem Nahostkonflikt sowohl auf der Bühne als auch in der Wissenschaft eine essentielle Rolle spielt. Inmitten der Konflikte wird die Suche nach Identität, Verstehen und Dialog immer relevanter.