
Der Gastronom Roland Mary ist seit 1992 der Mann hinter dem berühmten Restaurant „Borchardt“ in Berlin, das sich am Gendarmenmarkt befindet. Mary, der auch eine bunte berufliche Vergangenheit hat, darunter als Optiker und Kfz-Mechaniker, zeigt mit seinem Restaurant, wie eng Gastronomie mit der Berliner Polit- und Prominentenszene verwoben ist. In den letzten 33 Jahren hat „Borchardt“ zahlreiche gesellschaftliche Veränderungen miterlebt und ist bekannt als ein Ort, an dem Politiker Strategien planen und sich Lobbyisten mit Journalisten austauschen. Mary selbst bezeichnet sein Restaurant als bodenständiger, als es oft wahrgenommen wird, trotz des Rufs als Prominentenladen. „Der Erfolg des Borchardt hängt eng mit dem Zuzug der Politik nach Berlin zusammen“, erklärt er in einem Interview mit Welt.
Das Restaurant hat Platz für 187 Gäste und strahlt ein klassisch pariserisches Ambiente aus. Mary behandelt alle seine Gäste gleich und vermeidet Machtspiele im Restaurant, indem er sich auf das Gefühl seines Teams verlässt, anstatt spezielle Gästebetreuung oder -kuration zu implementieren. „Das Borchardt zieht eine diverse Klientel an“, sagt Mary, der selbst gerne einfache Kleidung trägt und keine Vorurteile gegenüber seinen Gästen hegt. „Hier finden sich Russen, Amerikaner, Philosophen, Promi-Friseure, Schauspieler, Politiker und Geschäftsleute“, fügt er hinzu. Zwar mag er die Bezeichnung „Promi-Lokal“ nicht, erkennt jedoch die wichtige Rolle an, die das „Borchardt“ für die Stadt spielt.
Ein Teil der Berliner Gastronomiegeschichte
Die lange Geschichte des „Borchardt“ reicht bis zu einem Delikatessen- und Weingeschäft aus dem Jahr 1853 zurück. In der Vergangenheit hat Roland Mary auch andere Restaurants betrieben, darunter „Pan Asia“ und „San Nicci“. Aktuell plant er keine Expansion in internationale Städte wie Dubai oder Singapur, sondern konzentriert sich auf ein Hotelprojekt in Wandlitz. In seinem Restaurant hat Mary eine Belegschaft von 380 Angestellten, was die Bedeutung des „Borchardt“ für die Wirtschaft der Region unterstreicht.
Mary’s Beobachtungen zu den Gästegruppen sind ebenfalls aufschlussreich. Er beschreibt drei Typen von russischen Gästen, die in das „Borchardt“ kommen: aggressive Typen, übertrieben modisch gekleidete Personen und freundliche Gäste. Diese Bemerkungen zeigen, dass Mary den menschlichen Charakter seiner Umgebung beobachtet und wertschätzt.
Die Berliner Gastronomieszene im Fokus
Parallel zur Geschichte des „Borchardt“ hat die Berliner Gastronomieszene an Bedeutung gewonnen. Dies wird auch im Buch „Faces of Gastronomy“ deutlich, das von Melanie Greim, Robert Schlesinger und Hinnerk Clausen initiiert wurde. Das Buch, das im Oktober 2022 veröffentlicht wurde, beleuchtet die Geschichten und Visionen hinter den Gaststätten der Stadt und stellt Gastgeber wie Mary in den Mittelpunkt der Narration. Es wurde im Selbstverlag veröffentlicht, um eine breite internationale Leserschaft zu erreichen, und zeigt die familiäre Atmosphäre, die in der Berliner Gastronomie während der Corona-Pandemie entstand. Die Autoren suchten nicht nur nach Informationen über das Essen, sondern auch nach den Menschen, die hinter den gastronomischen Orten stehen.
Roland Mary und sein „Borchardt“ sind somit nicht nur Teil der kulinarischen Geschichte Berlins, sondern stehen auch für die gesellschaftlichen Veränderungen der Stadt selbst. In einer Stadt, die für ihre Vielfalt und ihren dynamischen Geist bekannt ist, bleibt das „Borchardt“ ein unverzichtbarer Ankerpunkt. Die Mischung der Gäste und die zentrale Bedeutung des Restaurants für die politischen und kulturellen Abläufe in Berlin verdeutlichen, warum das „Borchardt“ bis heute eines der beliebtesten Gastronomieziele ist.