
Die Kontroversen rund um die Handynutzung an Schulen in Deutschland nehmen zu. Drei Stadträte der SPD haben in einem offenen Brief an die Senatorinnen für Bildung und Gesundheit ein generelles Handyverbot an Schulen in Berlin gefordert. Gordon Lemm, Carolina Böhm und Oliver Schworck argumentieren, dass die die Sicherheit und das Wohlbefinden der Schüler*innen priorisiert werden müssen. In ihrem Schreiben betonen sie die alarmierenden Statistiken über Cybermobbing, von dem bereits 40 Prozent der Schüler*innen betroffen sind. Dies geschieht häufig innerhalb der schulischen Umgebung, die sie als „Ort der Angst“ und „Tatort“ beschreiben.
Die Politiker weisen darauf hin, dass die bisherigen Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Probleme—die Schulen eigenverantwortlich umsetzen können—als unzureichend wahrgenommen werden. Einige Schulen haben zwar ein Handyverbot eingeführt, doch die Stadträte plädieren für ein umfassendes Verbot, das alle allgemeinbildenden Schulen in Berlin betrifft. Sie möchten, dass dies auch für Ober- und Berufsbildende Schulen gilt. In Brandenburg, wo bereits ein Handyverbot für Grundschulen angestrebt wird, müssen Schüler*innen während des Unterrichts ihre Handys verstauen.
Studienlage und internationale Vergleiche
Die Diskussion um Handyverbote wird durch diverse Studien untermauert. Laut der Postbank Jugend-Digitalstudie verbringen Jugendliche in Deutschland durchschnittlich 36,9 Stunden pro Woche am Smartphone. Für 16- bis 18-Jährige liegt die tägliche Nutzung sogar bei über fünf Stunden. Ein alarmierender Aspekt ist die Tatsache, dass 23 Prozent der Handybenachrichtigungen während der Schulzeit eingehen.
Die gesundheitswissenschaftlichen Studien zeigen zudem, dass 24,5 Prozent der 10- bis 17-Jährigen Social-Media-Dienste riskant nutzen. Dies könnte zu erheblichen physischen oder psychischen Gesundheitsfolgen führen. In anderen Ländern, wie England und den Niederlanden, wurden bereits umfassende Handyverbote in Schulen eingeführt, und auch in Deutschland denken zunehmend Schulen über ein Verbot nach.
Wirkung von Handyverboten auf den Lernerfolg
Es gibt unterschiedliche wissenschaftliche Untersuchungen zu den Effekten von Handyverboten auf den Lernerfolg. Eine Studie aus England aus dem Jahr 2016 ergab, dass Testnoten an Schulen mit Handyverboten signifikant besser waren, insbesondere bei leistungsschwächeren Schülern. Die positive Wirkung wurde mit der Effizienz von etwa einer zusätzlichen Unterrichtsstunde pro Woche verglichen. Umgekehrt konnte ein schwedisches Forscherteam 2019 hingegen keinen messbaren positiven Effekt eines Handyverbots feststellen, möglicherweise aufgrund einer starken Digitalisierung des Unterrichts.
Die Bildungsverwaltung in Berlin sieht derzeit keinen Handlungsbedarf und betrachtet Medienbildung als ein fächerübergreifendes Thema. Der Landesschüler-Ausschuss hat sich kritisch zu einem allgemeinen Verbot geäußert und fordert stattdessen eine unterstützende Maßnahme für Schüler*innen im Umgang mit digitalen Medien. Ob ein generelles Handyverbot tatsächlich die Lösung gegen Cybermobbing und die Verbreitung gewaltverherrlichender Inhalte sein kann, bleibt weiterhin umstritten.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Debatte um die Handynutzung in Schulen nicht nur in Berlin, sondern bundesweit an Bedeutung gewinnt. Die Forderungen nach einem Verbot und die damit verbundenen Bedenken sind Ausdruck einer sich verändernden Schulkultur und der Notwendigkeit, Schüler*innen auf verantwortungsbewusste Weise im Umgang mit digitalen Medien zu unterstützen.