
Seit dem Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes am 1. November 2024 haben in Berlin fast 1000 Menschen ihren Geschlechtseintrag geändert. Aktuell sind es genau 975 Personen, die einen Termin zur Beurkundung wahrgenommen haben. Das neue Gesetz ermöglicht es insbesondere transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nicht-binären Personen, ihren Geschlechtseintrag und Vornamen durch eine einfache Erklärung beim Standesamt zu ändern. Eine vorherige gerichtliche Entscheidung oder ein Sachverständigengutachten sind nicht mehr notwendig, was den Prozess erheblich vereinfacht. Diese Veränderungen spiegeln die Zielsetzungen des Gesetzes wider, das das alte und verfassungswidrige Transsexuellengesetz von 1980 ersetzt, wie die Bundesregierung erläutert.
Das Selbstbestimmungsgesetz sieht nicht nur die Änderungen des Geschlechtseintrags vor, sondern regelt auch die Bedingungen für die Namensänderung. Während der meisten Beurkundungen in Berlin die Menschen in Neukölln (174 Änderungen, 323 Anmeldungen) registriert wurden, folgen die Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf (155 Beurkundungen, 233 Anmeldungen) sowie Pankow (117 Änderungen). Im Vergleich dazu waren die Zahlen in Spandau (49 Änderungen) und Marzahn-Hellersdorf (61 Änderungen) die niedrigsten.
Beliebte Namen und Trends
Interessanterweise berichtet die Borkener Zeitung, dass unter den geänderten Namen durchaus ungewöhnliche Wahlen zu beobachten sind. Während in Charlottenburg-Wilmersdorf viele betroffene Personen ihren Geschlechtseintrag auf divers ändern oder ganz darauf verzichten, wurden in Pankow geschlechtsneutrale Namen populär. Eindeutig männliche oder weibliche Vornamen scheinen dagegen in Lichtenberg vorzuherrschen. Bemerkenswerterweise erscheinen Namen wie Felix, Finn, Jonah, Leo und Lukas sowie klassische deutsche Vornamen wie August, Emma, Charlotte, Richard und Rosa häufig in den Änderungsanträgen.
Die Entscheidungen über die Namensänderungen sind Teil eines größeren Rahmens zur Stärkung der Rechte von Menschen, die sich nicht mit den traditionell festgelegten Geschlechtszugehörigkeiten identifizieren. Eine umfassende Unterstüzung, inklusive der vollständigen Kostenübernahme für geschlechtsangleichende Behandlungen durch die Gesetzliche Krankenversicherung, wird von der Bundesregierung gefördert.
Verfahren und Anforderungen
Die Änderungen müssen mindestens drei Monate vor einem persönlichen Termin im Standesamt angemeldet werden, während die Erklärung selbst in jedem deutschen Standesamt abgegeben werden kann. Eine Besonderheit des Gesetzes ist das sanktionsbewehrte Offenbarungsverbot, das verhindern soll, dass frühere Geschlechtseinträge und Vornamen bekannt werden, um so Zwangsouting zu vermeiden. Bisherige Hürden, die die häufig notwendige gerichtliche Auseinandersetzung betrafen, sind damit Geschichte.
Die Bundesregierung schätzt jährlich etwa 4.000 Änderungen nach dem Selbstbestimmungsgesetz. Medienberichten zufolge könnten die Anmeldungen sogar zwischen 6.000 und 15.000 liegen. Ein Evaluierungsprozess ist innerhalb von fünf Jahren vorgesehen, um die Effektivität des Gesetzes zu überprüfen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die gesellschaftliche Akzeptanz und die rechtlichen Rahmenbedingungen weiterentwickeln werden, während immer mehr Menschen den Schritt zur selbstbestimmten Identität wagen.