
Die Jüdische Gemeinde Chabad Berlin steht vor einer bedeutenden Herausforderung: Sie plant die Erweiterung ihrer Synagoge in Charlottenburg-Wilmersdorf. Mit einer aktuellen Kapazität von 250 Plätzen reicht der Raum nicht mehr aus, um das stetig wachsende Mitgliederpotential von rund 3.000 Personen aufzunehmen. Nach Angaben der Gemeinde wird eine Kapazität von 600 Plätzen benötigt, um den Bedürfnissen der Mitglieder gerecht zu werden. Diese Entwicklung wird nicht nur als bauliche Notwendigkeit, sondern auch als Antwort auf gesellschaftliche Veränderungen, insbesondere den steigenden Antisemitismus, gesehen.
Die Erweiterung wird als Anbau an die bestehende Synagoge erfolgen, die nach hinten hin vergrößert werden soll. Die Baugenehmigung ist bereits erteilt, und die Finanzierung des Projekts, welches auf etwa 20 Millionen Euro geschätzt wird, ist ein zentraler Punkt für die Gemeinde. Bislang sind etwa die Hälfte der benötigten Mittel gesichert, unterstützt durch Zusagen von Bund und Lotto-Stiftung. Der Präsident der Chabad-Gemeinde, Rabbiner Yehuda Teichtal, äußerte die Hoffnung auf weitere Unterstützung durch den Senat der Stadt. Geplant ist ein Baustart Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres, was eine bemerkenswerte Entwicklung in der Geschichte der Berliner jüdischen Gemeinschaft darstellt.
Ein offenes Haus für alle
Teichtal kündigte in einer jüngst abgehaltenen Veranstaltung, bei der bedeutende deutsche Politiker, wie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht anwesend waren, die neue Synagoge an. Sie wird die größte Synagoge im Nachkriegsberlin sein und ist so konzipiert, dass sie nach Süden ausgerichtet ist, um in Richtung Jerusalem beten zu können. Die Architektur stammt vom berühmten Büro Tchoban Voss. Teichtal betonte, dass die Synagoge als offenes Haus für alle Menschen in Berlin fungieren soll, mit Veranstaltungen, die auch für Christen und Muslime zugänglich sind.
Das Bestreben, die Gemeinde auch in der Gesellschaft zu verankern und ein breites Angebot an Bildung, Kultur und Sport zu bieten, будет durch die Erhöhung der Platzkapazität unterstützt. In den letzten Jahren haben laut Berichten über 17.000 Menschen die Angebote von Chabad genutzt. Zusätzlich wird geplant, weitere Rabbiner nach Berlin zu holen, um das Programm zu erweitern und die Bedürfnisse einer vielfältigen Metropole zu bedienen. Die Predigten und Angebote werden in deutscher Sprache gehalten, ergänzt durch deutsche Übersetzungen der Gebetsbücher.
Antisemitismus als Herausforderung
Das wachsende Mitgliederinteresse ist nicht nur auf die positiven Aspekte der Gemeinschaft zurückzuführen. Ein alarmierender Anstieg antisemitischer Vorfälle in Deutschland, insbesondere nach den pro-palästinensischen Demonstrationen im Oktober 2023, ist ebenfalls zu verzeichnen. Laut einer Dokumentation wurden in Deutschland im Jahr 2023 über 4.782 antisemitische Vorfälle registriert, was einem Anstieg von 80 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Viele dieser Vorfälle fanden nach den tragischen Terrorangriffen der Hamas am 7. Oktober 2023 statt, die in mehreren europäischen Städten zu pro-palästinensischen Demonstrationen führten, bei denen unter anderem Israel-Flaggen verbrannt wurden und antisemitische Parolen skandiert wurden.
Die Berichte über die erhöhten antisemitischen Vorfälle und das alltägliche Leben der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland, wo über 30 Prozent der Bevölkerung antisemitische Stereotypen über den Einfluss der Juden in der Geschäftswelt vertreten, verdeutlichen die dringende Notwendigkeit einer stärkeren sozialen Verankerung der Gemeinde. Die Chabad-Gemeinde spielt eine zentrale Rolle darin, den Menschen Halt und Verbindung zu bieten, die in Zeiten von Steigerungen des Antisemitismus nach Gemeinschaft und Solidarität suchen.
In Anbetracht dieser Faktoren wird das Bauvorhaben nicht nur einen neuen Raum für religiöse Praktiken bieten, sondern auch einen Platz schaffen, der zur Förderung des interkulturellen Dialogs beiträgt und als Symbol für die Widerstandsfähigkeit der jüdischen Gemeinschaft in einer herausfordernden Zeit dient. Die Gemeinde zeigt sich offen gegenüber Menschen aller kulturellen und religiösen Hintergründe und strebt danach, das Judentum nachhaltig in Berlins gesellschaftlichem Gefüge zu etablieren.